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                       Das Vollmond-Ritual für die Vorfahren

Vielleicht beginne ich am Besten mit einer Klarstellung, worum es hier geht und worum nicht. Es geht einfach darum, seine Vorfahren zu nutzen um Klarheit über sich und sein Leben zu gewinnen. Es geht nicht um die Überhöhung der Vorfahren und ihrer Taten in irgendein Heldentum. Hier hilft uhns ein Blick auf die Quellen, uns vor Irrtümer und Verdrehungen zu schützen.Leider zeigt ihr Browser die Urne nicht

Für die vorchristlichen Europäer war die Verehrung und der Beistand ihrer Vorfahren eine selbstverständliche Grundlage ihres religiösen Lebens und Erlebens. Das sehen wir sehr deutlich daran, daß durch Karl den Frankenkaiser unter Androhung des Todes zum Christentum gepreßte Sachsen sich lieber morden ließen. Der Grund war, daß man ihnen sagte, sie würden als Christen nach dem Tode nicht mit ihren heidnischen Vorfahren vereint werden, weil sie ja in den Himmel kämen, die Heiden aber die Hölle erlitten. Also hieß es für einen ganzen Sachsenstamm, dann lieber sterben und mit den Vorfahren in der Hel vereint sein. Die Vorstellung der Wiedervereinigung mit seinen Lieben findet sich auch in der Darstellung der Wikingerbestattung bei Ibn Fadlan (den ich ansonsten wie alle Missionare für extrem negativ voreingenommen halte, vgl. Hasenfratz).
Die Vorfahren sind eine Verbindung zu den Göttern, denn Heimdall, der Wächter der Götter, ist einer unserer Vorfahren (siehe Rigsthula). Wir können also durchaus von unseren Vorfahren eine Bitte an die Götter übermitteln lassen. Andererseits löst uns die Einbeziehung der Geister unserer Verschiedenen aus der nahezu protestantisch anmutenden Fixierung auf das Göttliche heraus. Und das, wie alle animistischen Riten aus dem Schamanismus, macht das heute gelebte Heidentum deutlich reicher.
Wie können wir heute diesen wichtigen Bestandteil naturreligiösen Lebens für uns fruchtbar machen. Dieser Frage habe ich mich seit Mitte der 90er Jahre gewidmet und aus der eddischen und der Volksüberlieferung (Lex. deutschen Aberglaubens) ein Ritual zur Verehrung der eigenen Vorfahren entwickelt. Einfach indem ich das jeden Vollmond durchführe, meist sogar sehr gerne.                                                                                                                  
keltisch inspierierte Urne
Jeder Mensch wird, wenn er einst zu seinen Vorfahren geht, im Tode sein Handeln selber beurteilen. Daher ist es sinnvoll, sich bereits zu Lebzeiten Rechenschaft über seine Taten und Beweggründe abzulegen und mit sich selber ins Reine zu kommen. Das wird nicht allein für die eigene Todesstunde wichtig sein, sondern steigert das Einverständnis mit sich selber bereits zu Lebzeiten. Das kann man, indem man in regelmäßigen Abständen seinen Vorfahren Gaben darbringt, sie zu sich einläd, ihnen Bericht erstattet und um ihren Segen bittet.
Und: Untersuchungen an der Uni Bremen durch Frau Dipl.-Psych. U. Staudinger zeigen, daß man nicht einfach mit dem Älterwerden weise wird, sondern nur, wenn man sich mit seinen Lebenserfahrungen angeleitet auseinadersetzt. Nun muß nicht jeder gleich eine Psychotherapie absolvieren. Für die meisten von uns wird eine regelmäßige Auswertung seiner Erfahrungen, Hoffnungen und Erwartungen in einem Ritual völlig ausreichen, zu reifen und Weisheit zu entwickeln.
Was mich immer wieder verblüfft, ist, daß viele Menschen davor zurückschrecken, ihre eigenen Urgroßeltern, Großeltern und Eltern zu ehren, selbst wenn sie schon tot sind. Im Laufe der Jahre, die ich dieses Ritual praktiziere und das auch anderen empfehle, habe ich diese Ablehnung als ein untrügliches Zeichen dafür kennen gelernt, daß man der eigenen Familie etwas nachträgt oder das Gefühl hat, die tragen einem etwas nach, man ist denen irgendwie nicht gerecht geworden. Es ist noch etwas offen, das anzuschauen unangenehm sein könnte. Manchmal ist das etwas ganz Einfaches. Als ich begann, meine Vorfahren zu mir einzuladen, da dachte ich, was ist eigendlich mit den frommen Katholiken unter ihnen. Müssen die meinen Heidenkram nicht geradezu verdammen? Nun, meine Befürchtungen erwiesen sich als vollkommen unbegründet. Einerseits hat der Tod wohl die enge Perspektive der gläubigen Christen erheblich erweitert. Andererseits war die Zustimmung durch die zahllosen vorchristlichen Vorfahren so überwältigend, daß sich die befürchtete Mißbilligung in Wohlgefallen auflöste. Seine Vorfahren rituell zu ehren ist, wie meine Erfahrung zeigt, eine Möglichkeit, mit dem Auftrag der Familie, ein braver Christ, ein vernünftiger Atheist oder weltanschaulich sonst was zu sein gründlich aufzuräumen. Das erscheint mir wertvoll, weil ich von meiner ersten Begegnung mit anderen Heiden an den Eindruck habe, daß auch diese mit dem Schritt zum Heidentum zu spirituellen Außenseitern in ihrer Familie geworden sind. Ich meine damit das Gefühl, mit den anderen nicht über seinen Glauben sprechen zu können, an dieser empfindlichen Stelle unverstanden und ausgeschlossen zu sein. Es tut so gut zu erleben, daß die ganz überwiegende Mehrheit derer, von denen wir stammen geradezu darauf warten, daß wir diesen Schritt machen!
Viel wesentlicher als die befürchtete Ablehnung durch christliche Vorfahren waren persönliche Unstimmigkeiten wie gebrochene Versprechen, kleine Nötigungen unter Verwandten, enttäuschte Erwartungen oder Lieblosigkeiten, die vor dem Tod des Vorfahren nicht gelöst wurden. Es dauerte eine Weile, bis ich den Bogen heraus hatte, so etwas zu lösen. Letztlich halfen mir dabei meine psychotherapeutischen Kenntnisse. Meine Vorgehensweise ist hier ähnlich wie in der Familientherapie mit Lebenden. Letztlich geht es darum, das Band der Liebe zwischen den Generationen ungebrochen wieder her zu stellen. Wir stammen nicht bloß voneinander ab,- wir bedeuten einander auch etwas. Und diese Bedeutungen lassen sich auch über den Tod hinaus verändern. Der Effekt ist, daß ich mich heute einerseits auf jeden Vollmond freue und andererseits meinen lebenden Verwandten einiges nachsehe, was ich ihnen früher übel genommen habe.
Ich empfinde diese rituelle Heilung der Familienbeziehung als eine der wohltuensten Erfahrungen, die ich bisher machen durfte. Und es hat mir ermöglicht, meine Vorfahren anzunehmen und zu ehren. Auch das ist laut Frau Staudinger ein Element der Weisheit, die Fähigkeit Dinge aus unterschiedlichen Perspektiven beurteilen zu können.
Man muß sich einmal folgendes vor Augen halten: Zu leben bedeutet, daß aus Hoffnungen und Befürchtungen hinsichtlich der Zukunft Erinnerungen an Vergangenes wird. Je älter wir werden, desto mehr Vergangenheit haben wir. Allmonatlich die gelebte Zeit noch einmal Revue passieren zu lassen, indem man seinen verschiedenen Familienangehörigen davon berichtet, das steigert die Erinnerung an Lebensereignisse. Es ist also ein Akt der Aneignung der eigenen Biografie. Damit verbessert sich das Gefühl für der eigene Identität und das allgemeine Lebensgefühl auf ganz wunderbare Weise.
Indem ich meinen Vorfahren berichtet, was ich im vergangenen Monat erlebt habe und was ich mir für den kommenden Monat vorgenommen habe, entwickle ich ein Gefühl dafür, was meinen Vorfahren gefällt und was sie mißbilligen. Hier ergibt sich also die Möglichkeit, meine Handlungen und Absichten zu erklären, solange bis ich mich in der Lage fühle, meine Vorfahren um ihren Segen dafür zu bitten. Hier erfolgt also schon ein Memorieren des Geschehenen und eine Planung des Kommenden. Aber darüber hinaus erfahre ich durch die Einbeziehung des Heiligen eine moralische Prüfung, mit der Möglichkeit der Aussöhnung. Auch meine Zielsetzungen für den kommenden Monat werden in diesem Prozeß so abgewandelt, daß ich aus meinem innersten Empfinden heraus damit einverstanden bin. Das bedeutet, statt meine Widerstände zu verdrängen verhandle ich sie im Ritual, idealerweise bis ich frei von inneren Konflikten bin.
Eine der besten Möglichkeiten das alles zu erreichen besteht darin, sich regelmäßig auf jene zu besinnen, die vor einem selbst über die Erde wandelten. Diesen Vorfahren mitzuteilen, was man erlebte, was einem Freude bereitete oder was auf dem Gewissen liegt, ist eine
machtvolle Hilfe, das eigene Leben zu reflektieren und zu meistern.
Unter den Zahllosen, die einem voran gingen und deren Lebensfunken nun den eigenen Körper erwärmt und erhält ist immer wenigstens einer, der selber dereinst etwas Ähnliches erlebte und der daher die ganze Sache versteht.
Das heißt, ganz egal, was für einen Fehler ich im Leben gemacht habe, und da gab es einige, nie traf ich auf die Ablehnung sämtlicher Vorfahren. Immer war einer unter ihnen, der mein Handeln und meine Haltung verstand und diese den anderen verständlich machen konnte.
Das heißt, auch wenn der moralische Maßstab, mit dem ich mich im Ritual messe die Moralvorstellungen meiner Familie sind, so gibt es doch immer einen Weg, meine Taten und das, was ich damit beabsichtigte mit dieser in Einklang zu bringen. Da jeder von uns, ob er nun will oder nicht, die Moral seiner Familie in sich trägt, liegt der Vorteil eines solchen Rituals klar auf der Hand.
Immer erwuchs mir aus meinen Darlegungen und Bitten an die Vorfahren weiser Rat. Stets war ich danach mehr mit mir einverstanden und hatte mindestens eine Möglichkeit genannt bekommen, das Blatt zu meinem Besseren zu wenden.
So eine Verbindung zu seinen Vorfahren kann praktisch immer und ohne jedes Ritual erfolgen.
Andererseits ist es besonders für Einsteiger in diese Ritual angenehm, dem einen festen Zeitpunkt im Monat zuzuweisen und sich sonst von seinen Toten unbeobachtet fühlen zu können.
Am Besten und intensivsten ist die Verständigung und das Empfinden der Nähe zu den Vorfahren bei Vollmond. Heimdall, der weiße Gott des Mondes, ist, wie wir ja aus der Rigsthula wissen, unser aller Vorfahre. Weiß ist die Farbe der Abgeschiedenen. Aus dem Volksglauben wissen wir, daß man bei Vollmond den Vorfahren weiße Gaben, ein Licht, Met, ein Ei, Milch, Mehl und Räucherwerk darbringt. Das sind die Grundlagen des Rituals, das ich entwickelt habe.
Ein Gedanke, der mich mir selbst gegenüber, aber auch bei der Begegnung mit meinen Vorfahren sehr hilft, offen zu sein, ist der, daß jeder zu seiner Zeit und in jeder einzelnen Situation aus ganzer Kraft und von ganzem Herzen macht, was ihm grade möglich ist.
Niemand verurteilt den anderen. Das ist eine gute Basis für die Verständigung.
Die Verbindung zu den Vorfahren herzustellen ist unter diesem Gesichtspunkt recht einfach.
Bei den meisten Menschen versammeln sich die Vorfahren zunächst hinter der linken Schulter. Nach einigen Monaten versammeln sie sich dann direkt um die Gaben, die man ihnen aufstellt. 
Lade ganz einfach die Vorfahren ein, doch vorzutreten, damit du sie wahrnehmen kannst.
Weihe ihnen und trinke ihnen zu Ehren ein Horn Met oder Weißwein.
Sprich dabei offen und frei von der Seele zu ihnen. Berichte einfach, was dir Freude gemacht hat, was Du erreicht und geschafft hast. Berichte auch von deinen Zweifeln und Bedenken ihnen gegenüber. Du wirst bald spüren, wie Du von ihnen angenommen, völlig verstanden wirst, wie dir Liebe, Mitgefühl und Verständnis aus deiner Sippe zuteil wird.
Dann wirst du dazu übergehen, dein Herz zu öffnen, von allen Dingen zu berichten, die dich belasten, wo du dich schlecht fühltest, von deinen Ängsten und deinem Versagen.
Und du wirst dich wundern: Einige deiner Vorfahren werden sich empören, einige werden murren, doch stets wirst Du mindestens einen finden, der dich begreift, versteht, daß es nicht anders für dich ging, nicht in der Situation, in der Du warst, nicht in dem Zustand, in
dem Du dich befandest.
Und dieser eine oder diese einigen werden dich überzeugend vertreten, bis alle Verstorbenen deiner Sippe dich verstehen und dir zu helfen bereit sind.
Am Ende wirst du dir selber und deinem Handeln anders gegenüberstehen. Schuld und Reue weichen dem Annehmen der Handlung und der Konsequenzen bzw. dem Willen zur Wiedergutmachung, zur Verständigung und Versöhnung.
Es gibt keine verständnisvollere und hilfreichere Versammlung, als deine Vorfahren, die alles, was ein Mensche überhaupt erleben kann, bereits in der einen oder anderen Form erlebt haben. Wann immer Du Rat benötigst, wende dich an sie.
Häufig erscheint ihr Rat als seltsam, veraltert und verschroben, doch nie habe ich gefunden, das er unwirksam gewesen wäre.
Und wenn Du alles erklärt hast, was es zu sagen gab und jeden Rat empfangen hast, den es für dich in deiner Situation gibt, so kannst Du die Vorfahren immer noch bitten, dich in einem Vorhaben zu unterstützen, dafür zu sorgen, daß das Glück auf deiner Seite steht.
Es gibt keine Geistwesen, die dir verbundener sein können, die dir näher stehen können, als deine eigenen Vorfahren.

Es gibt einen einfachen Test, der klar zeigt, ob ihr mit einer Sache, gleich ob eine vergangene Handlung oder ein Vorsatz für die Zukunft im Reinen seit: Bitte die Vorfahren um ihren Segen dafür. Knie dich auf ein Knie und warte. Durchrieselt dich Wohlbefinden wie ein goldener Schauer, so ist alles geklärt. Traust Du dich dagegen kaum, die Bitte um Segen auszusprechen oder hast das Gefühl, im Kalten stehen gelassen worden zu sein, so ist da noch etwas zu klären.

 Die Glut des Lebens, die dich wärmt, hat jeder von ihnen zuvor in sich selber gespürt. Wer also sollte dir enger verbunden, wer mehr auf dien Wohlergehen aus sein ?
Erkläre dich Ihnen, befrage Sie, bitte Sie um tatkräftige Unterstützung.
Wenn alles gesagt wurde, was dein Herz niemand anderem auszusprechen gewagt hätte und alles erfragt ist, wonach es sich zu fragen sehnte, beende das Ritual der Vorfahren mit den Worten:

            "Geht euerer Wege, doch tretet nicht auf's Roggengras,
             beschädigt die Wurzeln nicht.“

 Dieser Spruch beinhaltet eine Anspielung auf die Göttin Sif, der Herrin der Sippe und auf die Ihr zugeordnete Getreideart.

Die Bitte, die Wurzeln zu erhalten ist eine sehr schöne Doppeldeutigkeit, die sich auf die Pflanze der Sif, also nicht allein auf den Roggen, sondern vor allem auf den Erhalt der Verbindung zu den eigenen Wurzeln bezieht. Das aber sind eben die eigenen Vorfahren.

Der Umgang mit den Vorfahren führt auf vielfältige Weise in die europäische Naturreligion hinein. Wie schon erwähnt, kann man sich an die Vorfahren, ja an Heimdall selbst wenden, damit eine Bitte einem der Bewohner Asgards vorgetragen wird. Ja, man kann sogar den Weltenbaum bereisen, indem man im Ritual einfach einen seiner verstorbenen Familienangehörigen bittet, zu zeigen, wo er bis zur nächsten Wiedergeburt weilt. So hat man auf der folgenden Schamanenfahrt gleich einen Führer dabei, der mit den Gepflogenheiten des Ortes vertraut ist.

Wenn jemand mich fragt, was ein guter Einstieg in die Naturreligion ist, kann ich nur sagen, das! Natürlich wird es andere gute Wege geben, mit den kleinen und großen Geistern unserer Vorfahren vertraut zu werden. Wahrscheinlich bietet der regelmäßigen Umgang mit dem Folgegeist (Krafttier) und dem Lá („Höheres Selbst“) für den, der absolut nicht an die Vorfahren heran will eine Möglichkeit, ebenso weit zu kommen. Oder die Arbeit mit Naturwesen, die ja auch die Möglichkeit, Botschaften die Yggdrasil hinauf reichen zu lassen beinhaltet. Das habe ich einfach nicht so weitgehend erforscht, freue mich aber, wenn sich jemand des einen oder anderen Themas annimmt.

Nun habe ich die Grundzüge und den Nutzen dieses Rituals vorgestellt. Wer das selbst ausprobieren möchte, dem gebe ich gern eine Einweisung in die Durchführung, so wie sie sich bei mir im Laufe der Jahre entwickelt und bewährt hat. Verabredungen dazu bitte unter 

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